„Knottn” – das ist das Südtiroler Wort für Felsen. Der Felsen, den wir heute besteigen wollen, entstand vor Millionen von Jahren, als Lava und Asche-Regen den Tschögglberg formten. 
Um das berühmte Knottnkino zu erreichen, entschieden wir uns für den Schützenbründlweg, einen märchenhaften Waldweg. 
Der Tag ist noch relativ jung, die Luft noch kühl und der Parkplatz oberhalb des Gasthauses „Grüner Baum” leer – als wir um acht Uhr morgens vom Auto aussteigen, ahnen wir schon, dass wir unsere heutige Wanderung nicht mit vielen anderen Naturliebhabern teilen müssen. Innerliche Genugtuung macht sich breit :-)!  Wir lassen uns von der Frische der Hochplateaus den letzten Schlaf aus den Augen reiben und dann gehen wir los! 

Gedanken? Frei! 

Durch den Wald wandern hat etwas Inspirierendes. Frühmorgens durch den Wald zu wandern etwas meditativ-Magisches. Das Grün der Bäume, des Farns und der Moose wirkt noch saftiger und kräftiger und ihr würzig-reiner Duft schmeichelt unserer Nase. 
Die Lunge wird durchgelüftet und der Kopf von jeglichen Gedanken frei. Schritt für Schritt lauschen wir den frühen Vögeln und dem rhythmischen Gleichschritt unserer Wanderschuhe. Und wie erwartet: keine Menschenseele weit und breit! Zwischendurch erhaschen wir zwischen dunklen Baumstämmen und tiefhängenden Ästen viel versprechende Ausblicke.
Vom mystischen Wald kommen wir nach einer Weile zu einer Gegend der Bergromantik – mit allem was dazugehört: Almwiesen, Kühe und Postkästen aus Holz und im Wind wehendes hohes Gras.  Ich möchte mitschunkeln, geselle mich zu den Grashalmen und lasse mir das Lüftchen durchs Haar wehen. Und dazu der Weitblick! Am liebsten würde ich hier noch länger stehen bleiben, aber der große, porphyrrote Felsen, der nun vor uns liegt, ruft schon nach uns.  
Oben angekommen, sieht der Wald auf einmal ganz anders aus. Der Baumbewuchs ist karger und es gibt üppige Moosflächen. Irgendwie wartet man darauf, dass Rotkäppchen plötzlich um die Ecke springt. Stattdessen huscht ein schwarzes Eichhörnchen quer über den Waldweg und wundert sich über uns, die zwei frühmorgendlichen Besucher...

Nur du und ich und die Welt von oben 

Nur wenige Minuten später sind wir angekommen. 30 Sitzplätze aus Stahl und hellem Kastanienholz warten auf aussichtshungrige Wanderer – und sie sind tatsächlich allesamt frei. Wir freuen uns: Denn wann hat man schon mal ein ganzes Kino für sich alleine? 

Wenn sich die Leinwand über 360° erstreckt...
Und so sitzen mein Freund und ich da und lassen unseren Blick einige Male quer über die übergroße „Leinwand” streifen, sagen dem Etschtal und den es überragenden Bergspitzen „hallo”, dem Gantkofel und dem Penegal, der Brentagruppe, der Laugenspitze, der Ortlergruppe mit dem Hasenöhrl, dem Weißhorn, den Ötztaler Alpen und der Texelgruppe und schauen zu, wie einige Wolken friedvoll über sie alle hinwegziehen. In dieser Stunde ist es ein sanftes, ruhiges Schauspiel, das sich uns da bietet. Die Stille schwappt auf uns über und wir lassen den Rundumblick genüsslich auf uns wirken. Ich habe mich oft gefragt, wie ein Kraftplatz in der Natur wirkt... Nun habe ich ihn nicht nur gefunden, sondern in seiner kompletten Magie gespürt...